Die Strategie der kollektiven Aufmerksamkeit

Knowledge in motion 1 Jan 2007German

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Stellen Sie sich vor, wir wären in einer kleinen Theaterspielstätte irgendwo in Westeuropa. Es ist 20.30 Uhr, das Licht ist gedämpft, der Künstler geht Richtung Bühnenportal, nimmt Aufstellung hinter dem Pult und beginnt zu sprechen. Mehr geschieht in den Augen der Anwesenden nicht. Und dennoch hat sich noch etwas anderes ereignet. Etwas, das denjenigen, die eine Bühne betrachten, meistens entgeht. Gerade weil ihre sensorische Aufmerksamkeit von dem Geschehen auf der Bühne gefesselt ist, bemerken die Anwesenden nicht, dass die Aufmerksamkeit jedes einzelnen Zuschauers zu einem kollektiven Blick verschmilzt (natürlich auch zu ‚einem kollektiven Gehör’, wenn Text oder Musik verwendet werden). Wie ist dieser Blick oder, allgemeiner gesagt, diese Verdichtung der kollektiven sensorischen Aufmerksamkeit zu verstehen? Es ist ein autonomes soziales Medium, das, wie auch das Medium Text im Theater oder das Medium Körper im Tanz, für jede Art von live vorgeführter Kunst von grundlegender Bedeutung ist. Dieses Medium ist per definitionem ein während der Vorstellung immer wieder - oder auch nicht! - entstehendes temporäres und kontingentes Produkt.
Natürlich planen Tanz- und Theaterschaffende während der Vorbereitungen und Proben zu einem Stück die Aufmerksamkeit des Publikums mit ein. Dieses zugleich willkommene und gefürchtete Medium versuchen sie durch das Timing der Vorstellung oder anhand rhetorischer Kunstgriffe (wie beispielsweise Witze machen, das Publikum beleidigen oder nackt über die Bühne laufen) zu dirigieren oder zu lenken. Und dennoch lässt sich die kollektive Aufmerksamkeit in ihrer gleichermassen konstitutiven wie kontingenten Beschaffenheit weder simulieren noch kontrollieren: Das Risiko des going live ist das Risiko, mit dem schwarzen Loch einer nur punktuell vorhandenen Aufmerksamkeit oder eines abgelenkten Publikums konfrontiert zu werden. Es bildet sich eine sprichwörtliche Aufmerksamkeitssphäre - oder eben nicht Und selbst wenn: Ihre Auswirkungen sind nur zum Teil vorhersehbar. Auch wenn diese Aufmerksamkeit alles andere als unvermittelt ist (worauf am Ende dieses Beitrags noch eingegangen werden soll), so stellt die Verdichtung der verschiedenen individuellen Wahrnehmungen zu einer autonomen Quasi-Realität genau genommen doch ein zeitliches Ereignis dar: einen vergänglichen Augenblick. Oftmals geschieht dies mehrere Male während einer einzelnen Vorstellung und stets mit unterschiedlichem Ergebnis, so dass es wahrscheinlich angebrachter ist, von einer Reihe von Ereignissen und somit von einem inhärent instabilen Medium zu sprechen.
Beim sozialen Medium der kollektiven sensorischen Aufmerksamkeit handelt es sich nicht bloss um die passive Summe der verschiedenen individuellen Wahrnehmungen, sondern vielmehr um eine aktive und sogar transformative Quasi-Realität. Ganz offensichtlich trägt die individuelle Aufmerksamkeit jedes einzelnen Besuchers zum Entstehen eines kollektiven Blicks (und/oder kollektiven Gehörs) bei. Die Elemente des Mediums bestehen zwar aus individuellen Wahrnehmungen. Durch deren gegenseitige Verbindungen wird jedoch ein autonomer Zusatzeffekt hervorgerufen. Dies erinnert an die Produktivität der Interaktionseffekte in so genannten komplexen Systemen, doch genauso gut liesse sich auch auf die Semantik und rhetorische Autonomie eines einfachen Satzes im Verhältnis zu den Worten, die dessen Bestandteile darstellen, verweisen. Die mediale Autonomie der kollektiven Aufmerksamkeit wird durch deren Fähigkeit bestätigt, beispielsweise ein paar einfache Schritte auf einer Bühne m sinnvolle Bewegungen oder ein relativ lang anhaltendes Schweigen der Künstler in eine tiefgründige Aussage zu verwandeln. Und die momentane kollektive Aufmerksamkeit kann, wie jeder Zuschauer weiss, die individuelle Wahrnehmung unter Umständen sehr beeinflussen. Zugleich wird sie selbst zu einem grossen Teil davon bestimmt, wie sich das Publikum insgesamt verhält. Ohne Ruhe und Aufmerksamkeit seitens jener, die der Vorstellung beiwohnen, kann sich weder der Einzelne konzentrieren, noch kann eine kollektive Aufmerksamkeit entstehen.

Wir halten es für selbstverständlich, dass die Zuschauer, sobald die Lichter abgedunkelt werden, ruhig und aufmerksam werden und sich somit in ein Publikum verwandeln. Bei diesem lebenswichtigen Pakt zwischen Darstellern und Zuschauern handelt es sich eigentlich um ein historisches und soziales Konstrukt. Zumindest im Westen ist dies - stark verkürzt ausgedrückt - auf die Neudefinition der Künste durch das Bürgertum zurückzuführen. Die Geschichtsforschung zeigt, dass in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts Ruhe und Disziplin in Theaterspielstätten und bei Musikaufführungen keineswegs die Regel waren. Die Anspruchshaltung der Körperbeherrschung und der distanzierten, vornehmlich intellektuellen Aufmerksamkeit hat sich erst nach und nach in den künstlerischen Räumen durchgesetzt, was in erster Linie ein Verdienst der neuen bürgerlichen Eliten in den Städten war. Diese ‚heiligten’ (teilweise gemeinsam mit den ersten Generationen der neuen Berufskünstler) jene Theater-, Musik-, Bildhauerei- und Literaturbereiche, von denen man meinte, sie würden „das Beste der Menschheit“ verkörpern, um es mit den berühmten Worten des britischen Dichters und Kritikers Matthew Arnold in seinem 1869 veröffentlichten Essay „Culture and Anarchy“(1) zu sagen. Aus dieser Sicht war das Teilhaben an der Kunst gleichbedeutend mit „dem Studium der Perfektion“. Unterm Strich kam dabei eine gründliche Läuterung verschiedener kultureller Genres heraus, was zu der wohlbekannten Unterscheidung zwischen (‚geheiligter’) Hochkultur und (‚populärer’) Alltagskultur führte. Folglich wurden allzu physisches oder emotionales Mitgehen des Publikums bei künstlerischen Darbietungen - z.B. in Form von Buhrufen, Zwischenapplaus oder lauten Beifallsbekundungen - zum Tabu erklärt. Um die tieferen Bedeutungen eines Kunstwerks wertschätzen zu können, bedurfte es der Stille und Konzentration: Nur so konnte Immanuel Kants „interesseloses Wohlbehagen“(2), das ‚Echtheitssiegel’ jeder ästhetischen Erfahrung, realisiert werden. Innerhalb der neuen Sphäre der Hochkultur machte diese Form der Partizipation die moderne Art des Textlesens zum allgemeingültigen Modell für den Kontakt mit Kunstwerken. Das neue bürgerliche Modell stellte einen direkten Zusammenhang zwischen den Künsten an sich sowie Stille und Selbstdisziplin, Kontemplation und ‚Lesen der Bedeutung (oder Entschlüsseln der Botschaft)’ her. Im Gegensatz dazu war bei den verschiedenen Spielarten der populären Unterhaltung wie dem neuen Genre Cabaret oder allen Arten von Sportveranstaltungen weniger Zurückhaltung seitens der Zuschauer nicht nur erlaubt, sie wurde gewissermassen auch erwartet.
Aus einer breiter gefassten historischen Perspektive heraus spricht vieles für die These, dass die im 19. Jahrhundert vorgenommene Neudefinition der Kultur als ein langanhaltender Prozess zu sehen ist, bei dem sich zuerst die Adligen und dann die Bürger durch ein hohes Mass an physischer und emotionaler Selbstbeherrschung vom ‚Volk’ abzugrenzen versuchten. Frei nach der berühmten Studie des Soziologen Norbert Elias(3) könnte man auch sagen: Der so genannte Zivilisierungsprozess, t der in der Frühmoderne in höfischen Kreisen an Fahrt gewann, erfasste schliesslich auch die neue gesellschaftliche Elite, die gegen Ende des 18. Jahrhunderts die wirtschaftliche und politische Macht übernahm. Doch während der Zivilisierungsprozess jetzt auch die Bürgerschicht erfasste, verlagerte sich der Schwerpunkt der Selbstbeherrschung von der demonstrativen Zurschaustellung guter Manieren und kultivierter Umgangsformen hin zu einer stillen Teilhabe an der Sphäre der Hochkultur. Das wohlbekannte deutsche Konzept der Bildung legitimierte diesen Wandel; und es war kein Zufall, dass die neue Religion der Kunst in Deutschland mit dem Gesamtkunstwerk Richard Wagners und den Bayreuther Festspielen einen ersten Höhepunkt erreichte.
Doch was wurde aus dem bürgerlichen Modell der Kunstbeteiligung? Ungeachtet des Diskurses über die Postmoderne und die relative ‚Erosion’ der Unterscheidung zwischen hoher und populärer Kultur sind Ruhe und Selbstdisziplin nach wie vor die Regel in Museen und bei öffentlichen Kunstereignissen. Auf den ersten Blick werden die allgemeinen Parameter dieses Modells auch von Performance-Künstlern anerkannt, die sich ohne Umschweife die Ausdrucksformen der Volkskultur zu eigen machen. Um nur ein Beispiel zu nennen: In der ersten, vieldiskutierten Version von Jérôme Bels THE SHOW MUST GO ON interpretieren die Künstler auf sehr genaue Weise die Inhalte bekannter Popsongs. Obwohl die Vorstellung wesentlich mehr Lacherfolge - mit einer höheren kollektiven Intensität - verbuchte als ein normales Theaterstück oder eine gradlinige Choreographie, erhoben sich die Zuschauer weder von ihren Sitzen noch sangen sie die Songs mit oder kamen auf die Idee, eine Party zu machen. Wie viele andere Künstler überschreitet Bei in seinem Werk die symbolische Grenze zwischen hoher und populärer Kultur, doch er versteht und präsentiert diese Grenzüberschreitung innerhalb des Rahmens des vorherrschenden Partizipationsmodells der emotionalen Selbstkontrolle und eines primär textorientierten Aufnahme- und Wertschätzungsmodus. Von daher könnte man argumentieren, dass die darstellenden Künste so lange modern (nicht: modernistisch!) bleiben, wie sie auf das Medium der kollektiven Aufmerksamkeit als unabdingbares Gerüst für die Produktion und Aufnahme individueller Arbeiten bauen.
In seinem künstlerischen Schaffen wird Bei oftmals - und verdientermassen - mit Marcel Duchamp, dem Nestor der Avantgarde, verglichen. Die Geschichte der Avantgarde des 20. Jahrhunderts besteht zum grossen Teil aus einem ausgedehnten Spiel mit der - oder auch einem Kampf gegen die - Passivität des Publikums bei den jeweiligen künstlerischen Darbietungen. Zieht man Peter Bürgers(4) viel beachtete Abhandlung zur Avantgarde heran, ist dies nicht weiter verwunderlich. Denn nach Meinung des Literaturtheoretikers Bürger, der versucht, einen gemeinsamen Rahmen für Futurismus, Dadaismus, Surrealismus und Konstruktivismus zu schaffen, stellte die historische Avantgarde die Autonomie der Künste zugunsten einer emanzipierenden Verschmelzung von Kunst und Alltag in Frage. In diesem Zusammenhang ist es sehr aussagekräftig, dass Dadaisten und Surrealisten bei ihren jeweiligen Versuchen, direktere Formen zur Einbindung des Publikums zu finden, immer wieder auf populäre kulturelle Genres wie Cabaret und Komödie zurückgriffen. Nach ihrer Erneuerung in den 1960er und frühen 70er Jahren (am bekanntesten dürften die Arbeiten des Living Theater sein), verschwanden beide Traditionen von der Bildfläche und machten Platz für subtilere Formen des Umgangs mit der Passivität des Publikums (siehe Bels THE SHOW MUST GO ON und viele andere Beispiele).

Innerhalb der zeitgenössischen Kunst spielt der Traum der Avantgarde vom politischen Befreiungspotenzial einer direkten Verschmelzung von Kunst und Alltag nur noch eine marginale Rolle. Auf dem Gebiet der darstellenden Künste ist hingegen seit einiger Zeit beim modernen Tanz eine auffällige Rückbesinnung auf die Einbindung des Publikums und das Medium der kollektiven Aufmerksamkeit zu beobachten. Einige Künstler stellen nach wie vor das Modell der passiven Beteiligung in Frage und streben ein unmittelbareres körperliches Engagement an. Prototypische Beispiele sind das HIGHWAY-Projekt von Meg Stuart, die verschiedenen Ausflüge in den Bereich der Installation von Boris Charmatz oder auch die in einem ungewöhnlichen Zuschauerrahmen stattfindenden Vorstellungen von Patricia Portela und dem Deep Blue Kollektiv. Im Allgemeinen versuchen diese und andere Projekte, die so genannte vierte Wand, welche die Zuschauer von den Künstlern trennt und es dem Publikum erlaubt, sich im Dunkeln zu verbergen, durchlässiger zu machen. Daher platzierten Thomas Lehmen in STATIONEN und Meg Stuart in AUF DEN TISCH! die Zuschauer um einen Tisch herum. Lehmen ging sogar so weit, die Rollen zu vertauschen, indem er Zuschauer darum bat, von ihren Berufen zu erzählen. Doch die Beispiele einer direkteren Einbindung des Publikums sind eher rar gesät und reflektieren nicht das breitere Interesse innerhalb des aktuellen Tanzes am Medium der kollektiven Aufmerksamkeit. Hat dieses Interesse auch eine signifikante politische und gesellschaftliche Relevanz?

Um diese Frage zu beantworten, beziehe ich mich vage auf die jüngsten Schriften des französischen Philosophen Jacques Rancière.(5) Seiner Ansicht nach bringt jede Form politischer Ordnung eine spezifische Verteilung von Sichtbarkeit und Wahrnehmung mit sich. Einige soziale Gruppen können in legitimer Weise öffentliche Themen ansprechen, anderen ist dies versagt. Dieses Machtverhältnis impliziert die buchstäbliche Unsichtbarkeit einer Reihe von kollektiven und diskursiven Themen im öffentlichen Raum, die nicht als Teil des ‚Gemeinwesens’ angesehen werden. In der modernen Gesellschaft ist dieses Diktat einer spezifischen Sichtbarkeitsordnung - und der öffentlichen Aufmerksamkeit als solcher - in erster Linie das Werk der Massenmedien im weitesten Sinne (was z.B. auch Werbung mit einschliesst). Massenmedien konstruieren und reproduzieren ein hoch selektives Bild des Lebens. Was in erster Linie aus dem Bild fällt - im wörtlichen und übertragenen Sinne -, sind die Heterogenität und Anonymität des Alltagslebens. Beide Aspekte sind denn auch Gegenstand vieler zeitgenössischer Tanzdarbietungen die sich über die Aneignung alltäglicher Bewegungen und Haltungen dem normalerweise Ungesehenen bzw. ‚Unsichtbargemachten’ anzunähern versuchen Die von den Massenmedien verbreiteten Botschaften negieren die Anonymität des zugleich nackten und bekleideten Körpers die komplexen Wechselwirkungen zwischen dem Körper als namenloser biologischer Entität und der Vielfalt von Artikulationen gemäss geschlechterspezifischen, klassenbezogenen oder ethnischen kulturellen Codes. Der zeitgenössische Tanz macht sich diesen gleichermassen generischen und vermittelten Körper als Primärmaterial zu eigen, in dem Wissen, dass dieser immer schon kolonisiert wurde, was auch für die Betrachtungsweisen gilt, denen er unterliegt. Diese Reflexivität bedingt notwendigerweise ein spezifisches Repräsentations- und Partizipationskonzept.
Betrachtung des körperlich übersehenen in der Gesellschaft des Spektakels - so könnte man den Gegenstand der modernen Tanzperformances mit reflexiver Herangehensweise bezeichnen. In der Tat besteht eines der Hauptanliegen des modernen Tanzes in einer allgemeineren Annäherung an die Konzepte von Sichtbarkeit und Wahrnehmungsvermögen, wobei sich moderner Tanz implizit und explizit als Teil einer Gegenöffentlichkeit versteht. Viele moderne Tanzproduktionen nutzen das Medium der kollektiven Aufmerksamkeit nicht nur, sondern versuchen es auch umzuformulieren, da es unweigerlich durch die verschiedenen Mittel, welche die Massenmedien zur Weckung und Steuerung der Sinneswahrnehmung einsetzen, ‚infiziert’ worden ist. Ein aktuelles Tanzstück, welches diese einfache Tatsache berücksichtigt, entwickelt deshalb eine Reihe von notwendigerweise riskanten Strategien, um die Vergesellschaftung der sensorischen Aufmerksamkeit neu zu verhandeln. Einige der bekannteren Verfahren beinhalten den Einsatz von Video- und Digitalbildern, die Verlangsamung oder Beschleunigung von Bewegungen, die blosse Wiederholung von Posen oder Gesten und die Umsetzung kaum wahrnehmbarer Mikrobewegungen. Mit diesen und anderen Formen der public body work wird der Versuch unternommen, die uns allen über die Massenmedien vertrauten Formen der Wahrnehmung zu unterminieren. Das bürgerliche Konzept der Kunstbeteiligung wird nicht in Frage gestellt, sondern als Möglichkeit verstanden, Formen der kollektiven Aufmerksamkeit zu schaffen, die sich von den Methoden des Fernsehens, der Hollywoodfilme oder der Hochglanzphotographie abheben.
Die Vermittlung von Inhalten über moderne Massenmedien im weitesten Sinne ist zum primären gesellschaftlichen Rahmen für die Produktion öffentlicher Aufmerksamkeit in allen Gesellschaftsbereichen, einschliesslich der Politik, geworden. Das ist nicht weiter überraschend, ist doch die Erregung der öffentlichen Aufmerksamkeit und die Schaffung sozialer Sichtbarkeit das wichtigste Gut des Massenmediensystems. Daher kommt dieses System einem Aufmerksamkeitsregime gleich, einer Erfassungsmaschine, welche die sensorische Wahrnehmung stimuliert, fixiert und formt. Die darstellenden Künste kommen nicht umhin, die Dominanz der Massenmedien zu reproduzieren und anzuerkennen, arbeiten sie doch mit genau dem gleichen Medium der kollektiven Aufmerksamkeit, sei es in einer kollektiven Umgebung oder einer so genannten Live-Situation. Es ist jedoch nicht der Live-Charakter, der zählt, sondern die Art und Weise, wie man mit der der Sinneswahrnehmung umgeht, d.h. mit dem wichtigsten Medium der darstellenden Künste. Ausschlaggebend wird sein, ob die zugleich kontingente und kollektive Aufmerksamkeit während einer Live-Performance als Vorzeichen einer zukünftigen Gemeinschaft, einer community yett to come - einer Zusammengehörigkeit, die auf die gemeinsame Sichtbarkeit innerhalb einer Gemeinschaft ohne Geheimnisse anspielen könnte - aufgegriffen wird oder nicht.

Übersetzung aus dem Englischen

 

Literaturverzeichnis

Arnold, Matthew: Culture and Anarchy, Oxford: Oxford University Press 2006.
Bürger, Peter: Theory of the Avant-Garde, Minneapolis: University of Minnesota Press 1984.
Elias, Norbert: The Civilizing Process, Oxford: Blackwell 2000.
Kant Immanuel: The Critique of judgment, London: Dover Publications 2005.
Levine, Lawrence: Highbrow/lowbrow. The Emergence of Cultural Hierarchy in America, Boston: Harvard University Press 1988.
Luhmann, Niklas: „The Medium of Art“, in: Ders.: Essays an Self-Reference, New York: Columbia University Press 1990, S. 215-227.
Luhmann, Niklas: The Reality of the Mass Media, Oxford: Polity Press.
Rancière, Jacques: Das Unvernehmen. Politik und Philosophie, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 2002.
Rancière, Jacques:  Die Aufteilung des Sinnlichen, Berlin: b_books 2006.
Smithuijsen, Cas: Een verbazende stilte. Klassieke muziek, gedragsregels en sociale controle in de concertzaal, Amsterdam: Boekmanstichting 2001.

 

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l | Matthew Arnold: Culture and Anarchy, Oxford: Oxford University Press 2006.
2 | Vgl. Immanuel Kant: Die drei Kritiken, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 2004.
3 | Vgl. Norbert Elias: Über den Prozess der Zivilisation, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 2001.
4 | Vgl. Peter Bürger: Theorie der Avantgarde, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 2OO2.
5 |  Vgl. Jacques Rancière: Das Unvernehmen. Politik und Philosophie, Frankfurt a M,: Suhrkamp 2002, sowie ders.: Die Aufteilung des Sinnlichen, Berlin: b_books 2006.